Pressemeldung 14.01.2020 Deutscher Tierschutzbund droht Klöckner mit Strafanzeige
Der Deutsche Tierschutzbund droht Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit einer Strafanzeige wegen des Verdachts auf Meineid und Tierquälerei – sollte die von ihr vorgelegte Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, speziell zur Haltung von Sauen in Kastenständen, in Kraft treten. Der Verordnungsentwurf bedeutet eine Verschlechterung für die Tiere und verstößt damit gegen das Staatsziel Tierschutz und somit gegen das Grundgesetz. Der Deutsche Tierschutzbund hat die Mitglieder des Agrarausschusses aufgefordert, bei ihrer Sitzung am 27. Januar dem Entwurf die Zustimmung zu verweigern.
„Mit der Verschlechterung der Sauenhaltung droht nach der Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration der nächste Angriff auf den Tierschutz – und geht in seiner Reichweite sogar noch darüber hinaus. Erstmals wird nach einer höchstrichterlichen Entscheidung eine Formulierung, die dem Schutz der Tiere gilt, bewusst gestrichen. Wenn eine Bundesregierung den Tierschutz so offen attackiert und dabei das Grundgesetz verletzt, sind wir an einen Punkt gelangt, an dem wir Konsequenzen ziehen müssen. Versagen die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD als Legislative und bleibt auch die Exekutive tatenlos, müssen wir die uns zur Verfügung stehenden Mittel der Judikative nutzen. Wir haben lange genug gewarnt“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Hinzu kommt, dass in der Tierschutzpolitik der Bundesregierung derzeit nur Stillstand oder Rückschritt zu erkennen sind. Das trifft den Bereich der landwirtschaftlichen Tierhaltung im Besonderen: Die Rücknahme des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration in 2018, das immer noch nicht ordnungsrechtlich gesetzte Datum für ein Ende der Kükentötung und das unzureichende, als freiwillig geplante staatliche Tierwohllabel sind nur einige aktuelle Beispiele.
„Mit ihrem Amtsantritt hat Klöckner geschworen, das Grundgesetz zu wahren, das sie mit dem Verordnungsentwurf zur Sauenhaltung wissentlich verletzt. Wenn die Verordnung wirklich kommt, müssen wir von einem Meineid ausgehen – und von gesetzlich legitimierter Tierquälerei“, so Schröder. „Die Anzeige ist formuliert, wir sind bereit, den Schritt zu gehen. Wir setzen aber darauf, dass auch Julia Klöckner ihre Fehler erkennt und einen neuen Verordnungsentwurf vorlegt, der dem Staatsziel Tierschutz und dem Tierschutzgesetz Rechnung trägt. Die Beratungen der Länder sind in der entscheidenden Phase, es wäre noch Zeit für eine Kurskorrektur.“
Hintergrund zum Kastenstand und der Strafanzeige:
Derzeit gibt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vor, dass
Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass sich die Sauen nicht
verletzen und sie ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf
und in Seitenlange die Gliedmaßen austrecken können. Gemäß Urteil
des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg aus 2015 erfüllen
Kastenstände dies nur, wenn sie mindestens so breit sind wie das Tier
hoch – oder wenn die Sau ihre Gliedmaßen ohne Behinderung in
benachbarte, leer stehende Kastenstände strecken kann. Das
Bundesverwaltungsgericht wies eine Revision des Urteils zurück und
stellte klar, dass die genannten Anforderungen für jeden Kastenstand
und jedes einzeln gehaltene Schwein gelten. Eine Übergangsfrist ist
nicht vorgesehen. Dennoch sind die alten, tierschutzwidrigen
Kastenstände bis heute gang und gäbe. Nun will Klöckner den Passus,
dass die Tiere ihre Gliedmaßen ausstrecken können müssen, streichen
und damit das Gesetz den bestehenden Verhältnissen anpassen. Aus
Tierschutzsicht eine Kapitulation vor den wirtschaftlichen Interessen
der Branche.